Programmschrifft für die Totalrevision

Eine Totalrevision im Sinne einer konstitutionellen Gesamtbildänderung setzt einen Paradigmenwechsel voraus, ein Paradigmenwechsel ist gleich einer kulturellen Transformation in der Gesellschaft und bedeutet nie das Ende der Geschichte. Der nächste Paradigmenwechsel könnte uns in eine Hungersnot führen, er könnte auch dem Klimawandel entgegensteuern, oder Richter obsolet machen.

Die demokratische Art, eine Totalrevision herbeizuführen ist nicht, wie es zu einfach im Artikel 193 der Bundesverfassung steht, das Parlament dazu beauftragen, oder irgend einen ausgelosten Verfassungsrat, der aus Mitbürgern bestünde. Damit ist wenig garantiert. Die Totalrevision entsteht nicht in einem Vakuum und kann sich evtl. durch Teilrevisionen ereignen. Ein Volk bewegt sich von selbst, aber die elitäre Anschauungsweise bedingt, ob man dessen Schritte als Fortschritt oder Rückschritt betrachtet.


Eine société de pensée gründen

Ziel der elitären Zusammenarbeit einer société de pensée ist es, die Welt durch das Schaffen neuer Kultur zu verändern. Die Mitglieder beschaffen sich das notwendige Können, setzen Ziele, erstellen für einander Ressourcen und erschaffen (exoterische) kulturelle Endprodukte. Selbstverständlich müssen die Fähigkeiten bei einem solchen Team breit gefächert sein, damit ermöglicht wird, gezielt in gewissen Kulturkreisen tätig zu werden.


Basissätze als Motor der Geschichte

In der Popperschen politischen Wissenschaft sind testbare, d.h. falsifizierbare, Hypothesen die Motoren der Experimentierung und sind gleichermassen ihre Resultate. In unsere kreative Hypothesen fliessen zwingend Beobachtungen wie auch Vorurteile ein, die aus unserer Problemstellung und Problemvorstellung entspringen.

Um die Problemstellung zu verschärfen, neu zu orientieren, oder gar aufzuheben oder aufzugeben, brauchen wir nachzuvollziehen, (zum Beispiel) welche historische Quellen dieses Problem besonders beleuchten oder belegen. Ausserdem können vergangene Perspektiven politischer Autoren, z.B. aus der Antike, (zurecht oder zuwider) als Anhaltspunkte, Quellen oder kontrastierende Positionen benutzt werden.

Vorausgesetzt man arbeitet im Team zusammen, steigert beim schnellen Wandel der Problemstellungen der Kommunikationsbedarf massgeblich. Um diesem Bedarf gerecht zu werden, wäre es möglich, eine Datenbank oder auch eine KI zu entwickeln, die eine systematische Auslegung von Basissätzen ermöglicht, die miteinander und mit Textreferenzen in Verbindung stehen.

In Basissätze formulierte Problemstellungen werden dann einfacher nachzuvollziehen, wenn die im Zusammenhang stehenden Passagen, Bücher oder Autoren identifiziert und gelesen werden können, was Teammitgliedern ermöglicht, zum Stand der Basissätze beizutragen. Neue Probleme politwissenschaftlicher Natur, die daraus entspringen, schaffen wiederum testbare Umstände. Wer die Problemstellung nachvollziehen kann, hat deshalb die Möglichkeit, mit eigener Recherche da anzusetzen, wo problemrelevante Passagen in Texten oder Beweismaterialien noch entdeckt werden könnten. Ziel dieses Prozesses ist es, aus der Geschichte zu lernen als einzige empirische Grundlage der Politik.

Ich ahne voraus, dass dabei eine Bibliothek mit zwei Buchsorten entstehen wird: einerseits im Zentrum ein Kanon, mit fertilen Seiten, und abseits randständige Texte, die abgesehen von einzelnen Fragen, die sie beantworten, im Allgemeinen umgangen werden können. Was wiederum der Gründung einer neuen Disziplin bedürfte, die das Studium jenes Kanons beabsichtigt, ohne dass dieses zu einem übermütigen Scholastizismus herabsinken sollte. Im eigentlichen Zentrum stehen die eigens erfundenen Basissätze als Motor, Geschichte zu studieren, sie anhand Fakten zu prüfen, um an die daraus gefolgerten Schlüsse deine politischen Lösungen anzusetzen. Die Umsetzung der Lösungen, wiederum, ergibt neue Ergebnisse, die in die Geschichte eingehen werden und zu neuen Problemen oder einer erneuten Untersuchung des alten Problems führen.

So viel zum Prozess der politischen Zielsetzung und Ressourcenschaffung. 


Kulturelle Endprodukte

Die Tätigkeit in Kulturkreisen bedarf einer ganz anderen Palette von Fähigkeiten als die nach Innen gerichtete Basissatz-Fragestellung. Nach was sucht die Kultur (das sie noch nicht gefunden hat)? Es gibt Fragen, die ignoriert werden und dann gibt es welche, die offensichtlich nie gestellt werden. Klug in eine Geschichte verpackte Antworten, die eine Fragestellung voraussetzen, sind jedoch schwer zu ignorieren, soeben wie die Person, die Gelegenheiten und Talente nutzt, um Geschichten zu erzählen und dafür entlohnt wird, die in der Kultur aufgeht und sie erschafft, zu der man werden kann. Wie werde ich dafür entlohnt? Wie werde ich zu dieser Person?

Ein nach Aussen gerichtetes künstlerisches Handwerk ist die eine Voraussetzung. Die andere ist die Bestimmung der Bühne und Zuschauerplätze, wenn davon ausgegangen werden kann, dass der Kunstschaffende nach all dem Forschen, etwas gefunden hat, oder besser gesagt erfunden, das er oder sie sagen möchte.


Fortsetzung folgt...